Wie schon in den Vorjahren veranstaltet der Autoren-Adventskalender (www.autoren-adventskalender.de) einen – Überraschung! – Adventskalender, in dem Autoren euch mit Kurzgeschichten. Leseproben und ähnlichem überraschen. Heute bin ich an der Reihe und präsentiere euch eine (auch solo les- und verstehbare) XXL-Leseprobe aus meinem Internats- und Entwicklungsroman „Lord Breakinghams Geheimnis“.

Zur Einstimmung der Klappentext des Buchs:

Chris lebt zusammen mit seinen Pflegeeltern und Pflegegeschwistern in Hongkong. Über seine leiblichen Eltern weiß er so gut wie nichts, aber das stört ihn auch nicht weiter, denn er fühlt sich bei seiner Pflegefamilie wohl. Chris und sein gleichaltriger Pflegebuder Myles sind wie Zwillinge. Solange sie sich erinnern können, machen sie fast alles gemeinsam. Doch eines Tages bekommt Chris’ Pflegevater einen Brief von einer Anwaltskanzlei in Großbritannien. Darin wird ihm mitgeteilt, dass für Chris ab dem kommenden Schuljahr ein Platz an einem teuren Internat reserviert und auch schon bezahlt wurde. So sitzt Chris wenige Wochen später mit gemischten Gefühlen im Flugzeug nach London. Wie wird das Leben an diesem Internat, wo er niemanden kennt, wohl sein? Und werden ihn all die Kinder aus reichen Familien überhaupt akzeptieren? Doch zumindest die letztere Frage ist überflüssig, denn Chris findet überraschend schnell Freunde. Im Laufe des Schuljahres erhält er dann auch mehr Informationen über seine leiblichen Eltern – und erfährt dabei etwas, das sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Aber zum Glück hat er ja seine Freunde, die auch in dieser Situation zu ihm stehen und ihm die Rückendeckung geben, die er jetzt dringend braucht.

Zur aktuellen Situation:

Da niemand daran gedacht hat, sich für die Weihnachtsferien um Flüge nach Hongkong und zurück nach Großbritannien zu kümmern, verbringt Chris die Ferien bei Twila, die nur mit ihrem Vater und der Haushälterin in einem großen 3-Etagen-Haus mitten in London wohnt. Chris und Twila sind zu diesem Zeitpunkt 11 Jahre alt und beide noch etwa 2 Monate vom 12. Geburtstag entfernt.

Hier beginnt die Leseprobe. Viel Vergnügen mit Chris und Twila!

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VC

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Sonntag, 12.12.

„Raus aus den Federn, du Schlafmütze!“ Twila stand vor Chris’ Bett und zog ihm unerbittlich die Bettdecke weg. „Wie machst du das eigent­lich in der Schule? Müssen dich da etwa Lamar und Christian jeden Morgen aus dem Bett raus prügeln?“

Chris blinzelte verschlafen. Er musste sogar einen Moment überlegen, wo er hier eigentlich war. Natürlich! Gestern hatten ja die Weihnachts­ferien begonnen, und er war in einem Gästezimmer bei den Langleys.

„Na, was ist? Soll ich dich ins Bad tragen und erst mal unter die Dusche legen?“ Twila stand schon auffällig munter und komplett angezogen vor seinem Bett, auf dem er – nur mit seiner Schlafanzughose bekleidet – lag, und sah ihn ungeduldig an. „Du weißt doch, was wir heute alles vorhaben.“

Chris grummelte verschlafen vor sich hin. So eilig war das doch nun auch wieder nicht, dass man in den Ferien nicht mal richtig ausschlafen konnte. Erst als Twila zugriff und versuchte, ihn wirklich einfach wie ein kleines Kind auf die Arme zu nehmen und aus dem Bett zu heben, rollte er sich schnell weg und stand nach der anderen Seite auf. Nur leider standen seine Hausschuhe an der Seite des Bettes, auf der Twila stand. Da das ganze Zimmer aber mit Teppichboden ausgelegt war, war es nicht weiter schlimm, das Bett barfuß umrunden zu müssen. Wäh­rend er in seine Hausschuhe schlüpfte, sah er seine Freundin möglichst böse an, was die allerdings nur mit einem Grinsen quittierte. Chris ver­schwand erst mal im Badezimmer. Dorthin würde ihm Twila hoffent­lich nicht folgen – obwohl er, so wie er das Mädchen kannte, darauf lieber nicht wetten würde. Zum Glück rief sie ihm aber nur durch die geschlossene Tür zu, er solle dann zum Frühstück kommen, wenn er fertig wäre.

Als Chris einige Minuten später wieder aus dem Badezimmer kam, war Twila verschwunden, sodass er sich in Ruhe anziehen konnte. Danach hatte er allerdings ein kleines Problem. Er wusste nämlich nicht, in welchem Zimmer hier gefrühstückt wurde. Chris hoffte, Twila und Mr Langley in dem Zimmer zu finden, in dem es gestern auch das Abend­essen gegeben hatte, und ging die Treppe hinunter. Gut geraten! Schon auf dem Flur hörte er die Stimme von Mrs Tatham, der Haushälterin der Langleys. Als er das Zimmer betrat, waren Twila und ihr Vater schon beim Essen. Anscheinend hatte es ihnen zu lange gedauert, auf sein Er­scheinen zu warten.

„Was trinkst du zum Frühstück?“, wollte die Haushälterin, noch bevor er dazu gekommen war, sich zu setzen, von ihm wissen. „Tee, Kaffee, Fruchtsaft, Milch? Wir haben alles da.“

Chris überlegte. Normalerweise trank er morgens immer Milch, aber der Kaffee in Mr Langleys Tasse duftete bis zu ihm herüber richtig gut. Angeblich sollte Kaffee doch munter machen. Das könnte er jetzt eigent­lich gebrauchen. Vorsichtig fragte er nach, ob er Milch und Kaffee bekommen könnte. Jedoch schienen weder Mrs Tatham noch ihr Ar­beit­geber diesen Sonderwunsch ungewöhnlich zu finden. Bevor er es sich versah, hatte er beides vor sich stehen. Vorsichtig nahm er einen kleinen Schluck aus der Tasse. Um ehrlich zu sein, hatte er noch nicht allzu häufig Kaffee getrunken.

Twilas Vater schien seine Vorsicht falsch zu verstehen. „Keine Angst, so heiß ist der nicht. Hier steht auch Sahne, wenn du welche möchtest.“ Dabei schob er ihm das Sahnekännchen zu.

Von der anderen Seite drückte Twila ihm wortlos das Zuckerschälchen in die Hand. Sie kannte ihn natürlich gut genug, um zu wissen, dass er es immer süß mochte. Ja, mit 3 Stückchen Zucker und einem ordent­lichen Schuss Sahne schmeckte ihm der Kaffee gleich viel besser. Und es schien zu stimmen; der weckte wirklich seine Lebensgeister. Chris ließ sich eine große Portion Rührei geben und probierte anschließend auch noch ein Croissant mit Preiselbeerkonfitüre. Danach fühlte er sich fit für alle Untaten des Tages.

„Fertig?“, fragte Twilas Vater, als er sah, dass Chris den Teller von sich weg schob. „Dann macht euch fertig, damit wir loskönnen.“

Als Twilas Vater schon dabei war, aus dem Zimmer zu gehen, fiel Chris noch etwas ein. „Mr Langley?“ Er wartete kurz, bis sich dieser zu ihm umdrehte. „Normalerweise telefoniere ich am Wochenende immer mit da­heim. Wo ich gestern nicht dazu gekommen bin, warten die bestimmt schon. Habe ich da heute zwischendurch irgendwann mal Gelegenheit zum Telefonieren? Wenn wir heute Abend zurückkommen, ist in Hong­kong doch schon Nacht.“

So häufig, wie Mr Langley als Berufsabenteurer um die Welt reiste, wäre die letzte Erklärung wohl nicht nötig gewesen. Er versicherte Chris, dass er unterwegs bestimmt ein paar ruhige Minuten für seinen Anruf finden würde.

Twila sah ihren Gast nachdenklich an. Als ihr Vater das Zimmer gerade verlassen hatte, rief sie ihm hinterher: „Dad! – Erde an Dad!“ Als der immer noch nicht reagierte, rief sie lauter: „Hey, Mr Berühmter-Autor,-der-zufällig-auch-mein-Vater-ist!“

Wenige Sekunden später erschien das Gesicht des Gerufenen wieder in der Tür. „Was ist denn?“ Dabei klang er leicht ungeduldig.

„Sag mal, Chris kann dich doch nicht die ganzen Ferien über mit ‚Mis­ter‘ anreden. Das nervt doch total. Lamars Eltern lassen sich von Chris auch mit dem Vornamen anreden. – Stimmt doch?“, fragte sie vor­sichts­halber noch mal nach.

Ihr Vater zog die Augenbrauen hoch, dann sah er Chris an. „Da ich es natürlich nicht verantworten kann, wenn eine gewisse hier anwesende Miss Nerviges-kleines-Mädchen,-das-unglücklicherweise-auch-noch-mei­ne-Tochter-ist dauerhaften psychischen Schaden erleidet, darfst du mich ab sofort mit ‚Berühmter-Autor,-der-zufällig-auch-Twilas-Vater-ist‘ an­re­den.“ Als Chris ihn völlig geschockt anstarrte, ergänzte er grinsend: „Oder wenn dir das zu lang ist: Tom.“ Dann verließ er endgültig das Zimmer.

Chris blickte ihm mit weit aufgerissenen Augen hinterher. Dann sah er Twila an. „Hoffentlich ist das nur erblich und nicht auch noch an­ste­ckend“, kommentierte er das Gespräch vor sich hin grummelnd.

Jetzt sah ihn das Mädchen mit hochgezogenen Augenbrauen an. An­scheinend hatte sie zumindest diesen Gesichtsausdruck von ihrem Vater geerbt. Sie ging jedoch nicht weiter auf seine Bemerkung ein und sagte im Aufstehen nur zu ihm: „Du hast doch gehört: Fertigmachen! Abflug in T-10 an der Haustür. Wie ich dich kenne, ziehst du dich besser dick an. Wir sind heute viel an der frischen Luft.“

* * *

Chris beeilte sich, schnell fertig zu werden. Trotzdem warteten Twila und ihr Vater schon auf ihn, als er wenige Minuten später an der Haustür ankam. Er hatte Twilas Warnung berücksichtigt und sich den dicksten Pullover, den er mit hatte, übers T-Shirt gezogen. Wenn sie heute Nach­mittag von einem Weihnachtsmarkt Londons zum nächsten zogen, würde der ihm trotz der dicken Jacke bestimmt nicht zu warm werden. Aber soweit war es noch nicht. Am Vormittag sollte es erst ins Natural History Museum gehen, wo Twila Chris ein – nach ihren Worten – gi­gantisch großes Saurierskelett zeigen wollte.

„Wie fahren wir jetzt zum Museum?“, wollte Chris wissen, als sie die Straße entlang gingen, „U‑Bahn oder Bus?“

Twilas Vater schüttelte jedoch nur den Kopf. „Weder, noch. Das Stück­chen laufen wir. Das ist von hier nicht weit.“

„So lange, wie du gepennt hast, müsstest du doch eigentlich munter ge­nug sein, um die paar Schritte mit den eigenen Füßen zu gehen.“ Dabei sah Twila ihn von der Seite an. „Dad und ich haben schon Touren ge­macht, wo wir mehr als 20 Kilometer am Tag gelaufen sind – mit Ruck­säcken natürlich.“

Zur Antwort grummelte Chris nur vor sich hin, dass er ja nicht wissen könnte, wie nah oder weit es bis zum Museum wäre.

* * *

Montag, 13.12.

Gemütlich gingen Chris und Twila die Straße entlang. Immer wieder machte Twila ihren Freund, der sich hier natürlich nicht auskannte, auf irgendetwas aufmerksam oder bog sogar extra in eine Seitenstraße ein, um ihm dort etwas zu zeigen. Natürlich kamen sie so nicht gerade schnell voran, aber sie hatten es ja auch nicht besonders eilig. Es war noch nicht einmal 10:00 Uhr. Der Tag war also noch lang, und was sie heute nicht schafften, konnten sie schließlich an einem anderen Tag der Ferien, von denen noch volle 4 Wochen vor ihnen lagen, nachholen.

Als sie die weihnachtlich geschmückte Straße überquerten, um zum U-Bahn­hof zu kommen, fragte Chris Twila, ob sie wüsste, wann der nächs­te Zug fuhr. Da er von ihrem Vater erfahren hatte, dass sie – im Gegen­satz zu Lamar – schon oft alleine U-Bahn gefahren war, machte er sich diesmal deutlich weniger Sorgen, sich zu verirren, als damals im Ok­to­ber.

„Da kommt alle paar Minuten eine. Die Linie fährt so oft, dass die Bah­nen manchmal fast in Sichtweite hintereinander herfahren. Ist also kein Problem, falls uns ein Zug vor der Nase wegfährt“, bekam er zur Ant­wort.

Im Bahnhof führte Twila ihn zielstrebig zum richtigen Bahnsteig. Um Fahrkarten brauchten sie sich nicht zu kümmern, denn Twilas Vater hatte gestern Nachmittag, als sie zusammen über die verschiedenen Weih­nachtsmärkte gezogen waren, für seine Tochter und Chris Wochen­karten gekauft, mit denen sie die ganze Woche über fast alle öffent­lichen Verkehrsmittel benutzen konnten. Er selbst konnte die beiden Kinder nicht ständig begleiten, da ihm der Abgabetermin für sein neues Buch im Nacken saß. Im Gegensatz zu Lamars Eltern schien er sich aber nicht die geringsten Sorgen zu machen, seine Tochter und ihren Gast alleine durchs Großstadtgewühl ziehen zu lassen.

Sie waren noch auf den letzten Stufen der Treppe, als auch schon ein Zug einfuhr. Twila fasste Chris kurzerhand am Jackenärmel und zog ihn hinter sich her, während sie einen kurzen Sprint einlegte. Der Zug war zwar nicht gerade leer, aber es gab noch freie Sitzplätze. Erst als sie schon saßen und die U-Bahn wieder anfuhr, bemerkte Chris, dass er in der Eile des Einsteigens nicht mal gesehen hatte, welches Fahrziel an­ge­zeigt worden war. Er vertraute darauf, dass Twila schon wissen wür­de, in welchem Zug sie saßen. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er selbst wusste ohnehin nicht, welchen Zug sie nach diesem Covent Gar­den nehmen mussten. Um ehrlich zu sein, hatte er bis gestern nicht gewusst, dass es Covent Garden überhaupt gab, noch weniger, was das war. Er hätte bei dem Namen wohl zuerst an einen Park gedacht, aber in einer Stadt, in der ein Wohnviertel ‚Elm Park‘ hieß, brauchte man sich auch nicht weiter zu wundern, wenn ein Einkaufszentrum als Gar­ten bezeichnet wurde.

Bei jeder Station, die sie erreichten, erklärte ihm Twila, was es dort so alles gab. Für ihre Verhältnisse erzählte die sonst oft wortkarge Twila aus­gesprochen viel. Als sie in einem Bahnhof namens ‚Piccadilly Cir­cus‘ hielten, meinte sie, diesen Platz müsste sie ihm auch unbedingt noch zeigen; Chris könnte nicht sagen, wirklich in London gewesen zu sein, ohne diesen Platz besucht zu haben. Im Gegensatz zu ihrem momen­tanen Ziel wusste Chris mit diesem Begriff sogar etwas anzu­fangen. Diesen Platz mit seinen vielen Leuchtreklamen hatte er schon oft in Fernsehen und Internet gesehen.

Momentan hatten sie allerdings nicht viel Gelegenheit, sich über den Piccadilly Circus zu unterhalten, denn an der übernächsten Station muss­ten sie schon aussteigen. Als sie an die Oberfläche kamen, war Chris etwas enttäuscht. Sie standen an einer normalen Straßenecke, die nicht sonderlich interessant aussah. Was sollte hier denn so sehenswert sein?

Twila führte ihn jedoch zielstrebig eine der Straßen entlang. Etwas entfernt sah Chris ein flaches Gebäude, das ihn eher an eine alte Fabrik erinnerte. Twila erklärte ihm, dass das der Covent Garden Market, ihr eigentliches Ziel, sei. Als sie das Gebäude erreichten, konnte Chris an einer Tafel lesen, dass das früher mal ein Gemüse-Großmarkt war, der nach seiner Schließung in das heutige Einkaufszentrum umgebaut wor­den war.

Interessant war es hier wirklich. Es gab massenhaft Geschäfte und Gast­stätten zu entdecken. Auf den freien Flächen führten verschiedene Stra­ßen­künstler ihre Nummern vor. Jetzt in der Vorweihnachtszeit war der ganze Covent Garden Market natürlich über und über weih­nacht­lich geschmückt. Als sie durch die Halle streiften und sich die teilweise exo­tischen Läden ansahen, fiel Chris wieder ein, dass er sich doch eigent­lich vorgenommen hatte, seinen Freunden kleine Geschenke zu Weih­nachten zu machen. Hier müsste da doch etwas zu finden sein. Sein Problem war nur, dass er nicht so richtig wusste, was er Lamar, Bran­wen und Twila schenken könnte. Obwohl sie seit Monaten fast ständig zusammen waren, wusste er nicht wirklich, womit er seinen Freunden eine Freude machen konnte. Zumindest die beiden Mädchen stammten aus reichen Familien und hatten eigentlich schon alles, was sie sich wünschten. Irgendwie hatte Chris bei nichts, was er hier sah, das Ge­fühl, einer seiner Freunde würde sich darüber wirklich freuen. Er be­merk­te, dass Twila schon ungeduldig wurde, weil er fast jede Aus­lage grü­belnd betrachtete.

Als sie die Halle nach einiger Zeit wieder verließen, zeigte Twila auf ein anderes Gebäude schräg gegenüber. „Das da drüben ist ein U-Bahn- und Bus-Museum. Willst du dir das ansehen?“

Chris musste nicht lange überlegen. Er schüttelte den Kopf und erklärte seiner Freundin, dass er alte Busse und U-Bahn-Wagen nicht so beson­ders interessant fand. Daraufhin schlug diese ihm vor, sie könnten doch zu Fuß durch die Straßen bis zum Piccadilly Circus laufen. Dagegen hatte Chris nichts einzuwenden. Es war erst früher Nachmittag, und mit Twila hatte er bisher nicht das Gefühl, sie könnten sich verlaufen. Im Gegensatz zu Lamar strahlte die auch fernab der elterlichen Woh­nung eine unerschütterliche Selbstsicherheit aus. Ohne zu zögern, schlug sie die Richtung ein, in der – wie Chris hoffte – ihr nächstes Ziel lag.

Schon nach wenigen Minuten, während der sie durch eher schmale Stra­ßen gegangen waren, erreichten sie einen baumbestandenen Platz. Das Straßenschild verriet Chris, dass das der Leicester Square war. Wenn er sich nicht täuschte, waren sie hier vorhin auch mit der U-Bahn vorbei – oder genauer gesagt: drunter weg – gekommen. Im Moment war der ganze Platz ein großer Weihnachtsmarkt. Obwohl er mit Twila und deren Vater gestern den ganzen Nachmittag von einem Weih­nachts­markt zum nächsten gezogen war, waren sie hier nicht gewesen. Lang­sam fragte sich Chris, wie viele Weihnachtsmärkte es in London über­haupt gab.

Natürlich schafften es Chris und Twila nicht, den Platz wieder zu ver­lassen, ohne dem Weihnachtsmarkt vorher einen ausgiebigen Besuch ab­zu­statten. Irgendwie konnten sie davon beide nicht genug bekom­men. Chris war froh, genug Geld eingesteckt zu haben. Während Twi­las Vater sie gestern noch ermahnt hatte, sich den Bauch nicht zu voll zu schlagen, war heute niemand bei ihnen, der ihren Appetit auf die gan­zen süßen Köstlichkeiten bremste. Gut, wenn Chris ehrlich zu sich selbst war, musste er zugeben, dass hauptsächlich er es war, der fast nur Süßes aß. Twila kaufte sich zwischendurch auch einen Wrap mit angeb­lich echt mexikanischer Füllung, „Extra scharf!“, wie der Ver­käufer seine junge Kundin ausdrücklich warnte. Interessiert beobach­tete Chris das Gesicht seiner Freundin, als sie in ihren Wrap biss. Die verzog je­doch keine Miene. Als Twila seinen Blick bemerkte, hielt sie ihm den Wrap hin, ob er mal abbeißen wolle. Neugierig nahm Chris das Ange­bot an. Obwohl er von der chinesischen Küche so einiges ge­wohnt war, raubte ihm die Füllung dieses Wraps glatt den Atem. Während sich Chris schnell einen Orangensaft kaufte, um die Schärfe hinunter­zu­spülen, aß Twila unter den anerkennenden Blicken des Ver­käufers unbe­eindruckt weiter. Chris leistete sich da lieber noch ein paar mit Schokolade überzogene Früchte am Nebenstand.

Als sie ein paar Minuten später den Leicester Square wieder verließen, fragte Chris bei Twila nach, wie ihr der Wrap geschmeckt habe. Insge­heim hoffte er, sie würde zumindest zugeben, dass der doch ziemlich scharf war. Da wurde er allerdings enttäuscht.

„Von wegen ‚echt mexikanisch‘ …“, nörgelte das Mädchen jedoch herum, „Dort würde sich jeder Verkäufer schämen, einem so ein mildes Chili anzubieten und das auch noch ‚extra scharf‘ zu nennen.“

Chris sah seine Freundin nur fassungslos an.

Während sie weiter durch die Straßen Richtung Piccadilly Circus bum­melten und dabei öfters mal vor einem Schaufenster stehenblieben, stieß Twila ihrem Gast plötzlich mit dem Ellenbogen in die Seite. „Guck mal da drüben!“, machte sie ihn auf etwas auf der anderen Straßenseite aufmerksam.

Überrascht suchte Chris mit den Augen die Häuserreihe ab, was Twila wohl meinen könnte. Allerdings konnte er dort nichts Bemerkens­wer­tes entdecken. Ratsuchend blickte er Twila an.

„Na dort! Das nennt man einen Friseur.“

Augenrollend stöhnte Chris auf. Schon in Wonsham hatten ihn seine Freunde in letzter Zeit mehrmals überreden wollen, doch mal den Fri­seur des Ortes aufzusuchen. Natürlich wusste er, dass er zumindest in seinem Jahrgang der einzige Schüler war, der seit Schuljahresbeginn noch nie dort gewesen war. Mittlerweile waren seine Haare merklich länger als die mit seinen Eltern vereinbarte Schulterlänge gewachsen. Gerade Twila, die ihr Haar deutlich kürzer als die meisten Jungen der Klasse trug, zog ihn hin und wieder damit auf. Aber Chris genoss es, sein Haar endlich richtig lang wachsen lassen zu können. Und solange niemand von den Betreuern etwas sagte, würde er daran auch nichts ändern. So sah er Twila nur möglichst böse an und ging einfach weiter.

„Meinst du wirklich, du würdest alleine zurückfinden?“, fragte ihn Twi­la, die mit ein paar schnellen Schritten wieder neben ihm auf­tauch­te.

Gute Frage! Chris überlegte kurz. Den Weg zurück zum Leicester Square würde er problemlos finden, da war er sich sicher. Den Eingang zum U-Bahnhof würde er dort wohl auch finden, schließlich hatte er gesunde Augen. Auf den Bahnhöfen hingen überall Linienpläne aus. Da würde er doch wohl selbst herausfinden können, welchen Zug er zur Station Earl’s Court nehmen müsste. Und die paar Schritte von dort zum Haus der Langleys würde er auch auf sich gestellt schaffen. Ja, er war sich ziemlich sicher, notfalls alleine zurückzufinden! Deshalb sah er Twila noch mal betont böse an. Dabei bemerkte er aus dem Augen­winkel heraus ihre Füße. Bei dem Anblick fiel ihm eine passende Ant­wort ein: „Ich erzähle dir doch auch nicht dauernd, dass deine Beine ein paar Zentimeter zu lang für deine Jeans sind!“

Twila sah an sich hinunter. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich bin halt ein Stück gewachsen, seit ich die habe. – Aber die ist bequem. Das ist doch, was zählt!“

Diese Antwort war so typisch für Twila, dass Chris einfach nicht mehr böse gucken konnte. Grinsend erwiderte er: „Meine Haare sich auch einfach so von ganz alleine ein paar Zentimeter gewachsen.“

Jetzt konnte auch Twila nicht mehr ernst bleiben. Trotzdem erklärte sie kopfschüttelnd: „Das wäre mir viel zu unpraktisch. Du musst nach dem Duschen doch immer Ewigkeiten brauchen, bis die endlich trocken sind. Ich muss bei meinen nur mal mit dem Handtuch durch. Was danach noch an Feuchtigkeit drin ist, trocknet in wenigen Minuten von allei­ne.“

* * *

Beim Abendessen stellte Mrs Tatham verwundert fest, dass sowohl Twila als auch Chris auffallend wenig Appetit hatten. Appetitlosigkeit war kein Begriff, den sie normalerweise mit Twila verband. In den gan­zen Jahren, die sie jetzt schon bei den Langleys war, hatte Twila ei­gentlich immer einen sehr guten Appetit entwickelt. Anfangs hatte sich die Frau öfters gefragt, wie ein kleines Mädchen überhaupt soviel essen konnte. Aber heute meinten die beiden Kinder einmütig, schon satt zu sein. Mrs Tatham und Twilas Vater tauschen einen fragenden Blick.

„Alles in Ordnung?“, fragte Tom, ohne eindeutig erkennen zu lassen, ob er mit dieser Frage seine Tochter oder Chris meinte.

Praktisch zeitgleich bestätigten beide, dass mit ihnen natürlich alles in bester Ordnung sei. Es könnte doch schließlich mal vorkommen, dass man einfach satt sei! Das waren sie sogar wirklich. Die ganze Wahrheit war aber, dass sie beide Magenschmerzen hatten, weil sie sich auf dem Weihnachtsmarkt am Leicester Square schlicht und einfach überfressen hatten. Allerdings hatten sie sich heimlich abgesprochen, den Erwach­senen nichts davon zu sagen. So blieb der Haushälterin nichts übrig, als diese Aussage mit einem misstrauischen Blick zu akzeptieren.

Twilas Vater schien die Appetitlosigkeit seiner Tochter nicht allzu alar­mierend zu finden. Er wechselte einfach das Thema. „Übrigens hat Opa Paul angerufen, während du mit Chris unterwegs warst. Er wollte wis­sen, ob du deine alten Großeltern in den Ferien auch mal besuchst. Wir sind übers kommende Wochenende eingeladen.“

Twila ließ mit keinem Muskel ihres Gesichts erkennen, ob sie sich da­rü­ber freute. Sie entgegnete nur: „Wir können Chris doch nicht einfach alleine hier ’rumsitzen lassen.“

Ihr Vater zog die Augenbrauen hoch. „Ganz so verkalkt, wie du zu den­ken scheinst, ist dein alter Vater nun auch noch nicht!“ Dabei zog er ein gespielt beleidigtes Gesicht. „Ich habe natürlich erzählt, dass wir Be­such haben. Chris ist auch mit eingeladen.“

Das Mädchen nahm diese Mitteilung auffallend kommentarlos zur Kennt­nis.

Später, als er mit Twila alleine war, fragte Chris das Mädchen, ob es seine Großeltern nicht mochte, da es sich über den Besuch bei ihnen nicht besonders zu freuen schien.

„Eigentlich schon. Dort ist es sogar ziemlich schön. Das ist ein richtiges Schloss, das Opa Paul irgend so einem verarmten Adligen abgekauft hat, mit einem riesigen Park drumherum. Aber Opa Paul und Oma Abigail fangen garantiert wieder damit an, ich würde mich nicht ‚damenhaft‘ benehmen. Das machen die immer! Ich sollte mir doch mal eine schöne Frisur machen lassen, ich könnte doch auch mal hübsche Ohrringe tra­gen, ich müsste auch mal ein schickes Kleid anziehen – alles solcher Scheiß eben. Manchmal glaube ich fast, die hätten am liebsten so eine blöde Pute wie Davina Abrahams als Enkelin!“

Bei der Stimmung, in der Twila gerade war, hielt Chris es für besser, im Moment keine Witze über ihre ‚Damenhaftigkeit‘ zu machen. Wenn ihre Großeltern wirklich so schlimm waren, konnte das Wochenende ja lustig werden.

* * *

Samstag, 18.12.

Chris und Twila streiften schon seit Stunden durch die Felder. Jetzt, Mi­tte Dezember, war das Getreide oder was auch immer im Sommer darauf gewachsen war, natürlich lange abgeerntet. Das änderte aber nichts daran, dass Chris diese weite, offene Landschaft einfach faszi­nierend fand. Das Schloss von Twilas Großeltern lag so weit außerhalb Lon­dons am Rande eines kleinen Dorfes, dass sich die Felder an der an­de­ren Seite des großen Schlossparks fast endlos erstreckten. Die weni­gen bäuerlichen Gehöfte hier lagen weit auseinander. Während der ganzen Zeit war ihnen auf den Feldwegen kein einziger Mensch begeg­net. Ob die Gegend um Wonsham jetzt, wo alle Schüler der Tentlan House School in den Ferien waren, ähnlich menschenleer war?

So schlimm, wie Twila ihre Großeltern beschrieben hatte, waren die über­haupt nicht. Als sie gestern Abend hier angekommen waren, hat­ten ihr Opa und ihre Oma Chris herzlich aufgenommen. Das Erschei­nungsbild ihrer Enkelin hatten sie bisher mit keinem einzigen Wort kritisiert.

Trotzdem hatte Chris den Verdacht, dass Twila in Gedanken genau bei diesem Thema war. Wissen konnte er es nicht, denn sie hatten während der Stunden, die sie jetzt schon einfach so nebeneinander herliefen, nur sehr wenig gesprochen. Lediglich wenn sie sich mal gegenseitig auf irgend­etwas aufmerksam gemacht oder an einer Wegkreuzung über die Richtung, in die sie weitergehen wollten, beraten hatten, waren mal ein paar Worte gefallen. Irgendwie fand er es richtig erholsam, einfach nur so umherzulaufen und seinen Gedanken nachzuhängen. Lamar oder Branwen würden es nie schaffen, so lange fast still zu sein. Die began­nen immer ein Gespräch, an dem man sich dann doch beteiligte. Twila war da eher wie er selbst.

Chris blickte über die Schulter nach hinten, weil er von dort ein eigen­artiges, klapperndes Geräusch näherkommen hörte. Ein Bauer kam auf einem Traktor den Feldweg entlang getuckert. Ganz alleine waren sie hier also doch nicht. Sie traten zur Seite, um den Mann vorbeifahren zu lassen. Chris blieb vor Staunen der Mund offen stehen, als er das Fahrzeug aus der Nähe sah. Was war denn das für ein Ding? Mit einem normalen Traktor, wie er ihn aus dem Fernsehen und auch von den Feldern in der Nähe der Schule kannte, hatte dieses Etwas von nahem betrachtet nicht viel Ähnlichkeit. Das Ding sah ja schon fast prä­his­to­risch aus! Als er seine Augen endlich von diesem eigenartigen Ge­fährt losreißen konnte, bemerkte er, dass Twila dem Traktor, oder was auch immer das war, genauso ungläubig hinterher sah.

„Heißt ein Nachbar von deinem Opa zufällig Feuerstein?“

Ohne auf die natürlich sowieso nicht ernst gemeinte Frage ihres Freun­des einzugehen, bemerkte Twila: „Das sah doch fast aus, als hätte der einen Heizkessel. Siehst du den Rauch? Das ist ja schon fast ein rich­tiger Schornstein, wo der ’rauskommt.“

Verwirrt setzten sie ihren Weg fort. Mit der Ruhe war es jetzt allerdings vorbei. Angeregt debattierten sie das gerade Gesehene, wobei sie sich einig waren, so etwas noch nie gesehen zu haben. Weder Twila noch Chris konnten sich erinnern, von einem solchen Ungetüm auch nur ge­lesen oder gehört zu haben. Zurück im Schloss wandten sie sich sofort an Twilas Opa, ob er dieses Fahrzeug schon mal gesehen hätte.

Dieser zeigte sich von der Beschreibung jedoch nicht im Geringsten über­rascht. „Das kann nur eines von diesen Lokomobilen gewesen sein.“ Als er die verwirrten Blicke der beiden Kinder sah, erklärte er weiter: „Das waren mal die Vorläufer der heutigen Traktoren. Die müssen vor so etwa 100 Jahren aktuell gewesen sein, wenn ich mich nicht irre. Im Prinzip waren das Dampflokomotiven mit flachen Rädern für Straßen oder Felder. Im Dorf drüben gibt es einen Verein, der diese Dinger sammelt und restauriert. Wahrscheinlich haben sie die, die ihr gesehen habt, gerade wieder zum Laufen gebracht und eine Probefahrt unter­nommen.“

Damit hatte er das Interesse seiner beiden jungen Gäste jedoch erst richtig geweckt. Als die auch noch erfuhren, dass der Verein interes­sierte Besucher jederzeit gerne zuschauen ließ, musste er sie schon fast zwingen, mit einem Besuch im Dorf bis nach dem Essen zu warten.

Kaum war der Tisch abgeräumt, machten sich Chris und Twila auch schon auf den Weg ins Dorf. Twilas Vater begleitete sie. Da er sich die Dampf-Ungeheuer vor ein paar Jahren schon mal angesehen hatte, wusste er, wo genau die Lokomobile zu finden waren. Twilas Groß­vater, der für die Sammelleidenschaft der Vereinsmitglieder nicht viel Ver­ständ­nis aufbringen konnte, sah ihnen vom Fenster aus kopf­schüttelnd hinter­her. In manchen Punkten war seine Enkelin ihrer Mutter vielleicht doch ähnlicher, als er bisher immer gedacht hatte.

* * *

Sonntag, 19.12.

Als Chris am kommenden Morgen zum Frühstück erschien, war es schon spät. Nur Twilas Großmutter saß noch am Tisch und begrüßte ihn. Gestern war es aber auch wirklich spät geworden! Bis kurz vor Mitter­nacht war er zusammen mit Twila und deren Vater bei den Lokomobile-Bast­lern gewesen. Erst als auch das letzte Vereinsmitglied seine Sachen zu­sammengepackt hatte und die alte Fabrik, in der der Verein seine Werk­statt hatte, abschloss, konnten sie sich losreißen. Diese Dinger wa­ren aber auch echt interessant! Besonders Twila wäre dem Verein am liebs­ten sofort beigetreten und hätte gleich mitgeschraubt. Lediglich die Tat­sache, dass der Verein nur Mitglieder aufnahm, die mindestens 14 Jahre alt waren, hatte das verhindert. Wenn Chris das richtig verstan­den hatte, ging es dabei irgendwie um rechtliche Gründe wegen irgend­welcher Haftungsfragen. Bei ihrer Rückkehr war Twilas Opa ziem­lich sauer gewesen. Chris und Twila hatten noch gehört, wie er mit Twilas Vater über ihre Erziehung diskutiert hatte.

Jetzt war Chris aber erst mal wirklich hungrig, denn seine letzte rich­tige Mahlzeit hatte er gestern Mittag gegessen. In der Nacht hatten sie nur noch ein Sandwich bekommen. Twilas Oma lächelte, als er seinen Teller reichlich füllte. Eine Frau, die zum Personal, das sich die Under­hills leisteten, gehörte, brachte ihm auch noch Rührei mit Speck. Dazu trank er Kaffee, an den er sich in den Tagen bei Twila schon so richtig gewöhnt hatte.

Twilas Oma ließ ihm Zeit und unterhielt sich mit ihm, während er aß, über den vergangenen Tag und was er in der Schule schon alles erlebt hatte. Allerdings bekam Chris mit der Zeit das Gefühl, sie wollte dabei hauptsächlich in Erfahrung bringen, wie es ihrer Enkelin im Internat erging.

Als er sich beim Hinausgehen nach dem Frühstück noch schnell erkun­digte, ob Twila schon wach sei, erfuhr er, dass diese schon lange fertig gefrühstückt habe und in den Park gegangen sei. Kurzentschlossen hol­te er sich schnell eine dicke Jacke und ging auch hinaus. Es war zwar alles andere als sicher, ob er seine Freundin in dem großen Park finden würde, aber Chris entschloss sich, anderenfalls einfach noch mal alleine einen Spaziergang durch die Felder zu unternehmen. Wenn er sie doch fand, konnten sie ja gemeinsam überlegen, was sie heute machen wür­den. Er schlug die Richtung ein, in der sich am Rand des Parks ein kleiner See befand. Er wusste, dass es Twila dort besonders gut gefiel. Auch er selbst blickte gerne über den kleinen See hinweg auf die fast endlosen Felder. Als er den See schließlich erreichte, war von dem Mädchen jedoch nichts zu sehen. Chris entschloss sich, den See zu um­run­den, um auf der anderen Seite in den erstbesten Feldweg einzu­bie­gen. Nach wenigen Schritten traf ihn jedoch ein kleiner, dürrer Zweig am Kopf. Als er erschrocken nach oben sah, saß Twila fast direkt über ihm auf einem Ast. Sie hatte den Rücken gemütlich an den Stamm gelehnt und ließ ihre Beine rechts und links des Astes herunter­bau­meln.

„Auch schon munter?“, begrüßte sie ihn.

Ohne auf diese Frage einzugehen, suchte Chris nach einem anderen Ast, auf den er sich dazusetzen konnte. Fast direkt neben Twila gab es auch einen, der durchaus brauchbar aussah. Nur wie kam er jetzt dort hoch? Wenn man in einer Großstadt wie Hongkong aufwuchs, hatte man nicht übermäßig viel Gelegenheit, das Bäumeklettern zu üben. Den un­ter­sten Ast konnte er erreichen und sich mit einem Glimmzug nach oben ziehen. Aber wie jetzt weiter? Am glatten Stamm fand er keinen Halt, einfach zu springen, traute er sich aber nicht. Wenn er ‚seinen‘ Ast nicht richtig fassen könnte oder danebengriff, würde er aus schätzungs­weise 4 Metern Höhe sicher eine ziemlich unsanfte Landung haben.

Twila beobachtete ihn von oben grinsend. „Mit der rechten Hand die Narbe da am Stamm fassen!“, kommandierte sie, „Dann mit dem rech­ten Fuß auf den kleinen Aststummel dort treten! Mit der linken Hand kannst du dich dann an meinem Bein festhalten. Wenn du dich dann voll auf dem Aststummel aufrichtest, müsstest du den Ast dort mit deiner Rechten schon fassen können!“

Chris besah sich die Punkte, die ihm Twila genannt hatte, genau. Ja, so könnte es gehen. Irgendwie war es ihm peinlich, dass er sich jeden Hand­griff detailliert erklären lassen musste. Deshalb vertraute er einfach auf Twilas Wildniserfahrung und beeilte sich, es wie beschrie­ben zu machen, um sich nicht noch mehr zu blamieren. Tatsächlich ging es auf diese Wei­se relativ einfach. Wenige Sekunden später saß er schon auf dem Ast und suchte nach einer bequemen Sitzposition. Jetzt konnte er sich endlich in Ruhe umsehen. Hier hatte man wirklich einen wun­derbaren Blick über den See und die Felder. Auch einen Teil des Parks konnte man über­blicken, war selbst vom Schloss aus aber nicht zu sehen.

Nachdem sich Chris einige Minuten auf die Landschaft konzentriert hatte, unterbrach er die Stille und sprach Twila, die anscheinend ganz in ihren Gedanken versunken war, an: „Hat dein Opa heute beim Früh­stück noch etwas wegen gestern gesagt?“

„Kein Wort.“ Nach einigen Sekunden des Schweigens wurde Twila doch noch etwas ausführlicher: „Ich glaube, der ist eher auf Dad sauer als auf mich.“ Nach einer erneuten Pause ergänzte sie dann noch: „… weil der mich eben so sein lässt, wie ich bin, und nicht versucht, mich zu einem ‚richtigen‘ Mädchen umzuerziehen, wie’s Opa wahrscheinlich richtig fin­den würde.“

Nach diesem kurzen Gespräch kehrte wieder Ruhe ein. Sowohl Chris als auch Twila hingen ihren jeweiligen Gedanken nach.

Nächste Woche war Weihnachten … Während Chris darüber nach­dachte, wie sehr sich Twila gestern für die Lokomobile begeistert hatte, kam ihm endlich eine Idee, was er seinen Freunden schenken könnte. Über diese Uralt-Fahrzeuge gab es doch bestimmt auch Bücher – spe­ziell alte Bücher. Nicht weit von Twilas Wohnung hatte er letztens ein Buchantiquariat entdeckt, das noch vor dem Ende der Ferien mal zu be­suchen, er sich sowieso vorgenommen hatte. Wenn sie morgen wieder in London waren, würde er schon einen Grund finden, das Haus mal kurz alleine zu verlassen. Für Lamar und Branwen würde er da be­stimmt auch etwas Passendes finden. Für Branwen vielleicht etwas über Kampfsport. Und für Lamar könnte er sich etwas über Hongkong vorstellen, denn der zeigte sich immer besonders interessiert, wenn Chris von seiner Heimatstadt erzählte.

„Erinnerst du dich noch an den Bericht über American Football, den wir uns die Tage im Fernsehen angesehen haben?“, riss Twila ihren Freund plötzlich aus seinen Gedanken.

„Klar!“ Das war schließlich erst am Mittwoch oder Donnerstag gewe­sen. Dachte Twila etwa, er hätte einen Kopf wie ein Sieb? Aber wie kam die jetzt auf das Thema? Etwas irritiert sah sich Chris zu dem Mädchen um.

„Das würde ich auch gerne mal spielen. Sich einfach mit Ellenbogen und Schultern durchzukämpfen, ohne dabei viele Regeln beachten zu müssen, macht bestimmt tierisch Spaß. Einfach volle Kraft voraus – egal, was einem in den Weg kommt!“

Daher wehte also der Wind. Chris musste lächeln, doch dann fiel ihm etwas ein: „Die meisten von den Typen sind mir aber vorgekommen, als wenn sie kaum in der Lage wären, ihren eigenen Namen zu schrei­ben. Dieser Kleiderschrank mit der Glatze hat den Reporter doch bei jeder Frage angeguckt, als ob er nicht wüsste, was der überhaupt von ihm will.“ Als Twila nicht sofort antwortete, setzte er noch hinzu: „Aber jetzt klettere ich erst mal wieder ’runter. Langsam wird’s mir hier nämlich zu kalt.“

Als er sich allerdings nach der besten Möglichkeit herunterzukommen umsah, war er sich unsicher, wie er das anstellen sollte. Von oben sah das noch komplizierter als das Hochkommen aus. Selbst wenn er sich mit den Armen an den Ast, auf dem er gerade saß, hängen würde, dürfte es ein ernsthaftes Problem werden, den Aststummel, den er beim Hochklettern benutzt hatte, wieder mit dem Fuß zu erreichen – davon, darauf einen auch nur halbwegs sicheren Stand zu finden, ganz zu schweigen. Zum Glück war Twila so in ihre Gedanken vertieft, dass sie sein hilfloses Umherschauen nicht zu bemerken schien. Das ersparte ihm wenigstens eine erneute Blamage. Ehe das Mädchen doch noch etwas bemerkte, entschloss sich Chris, einfach den nicht allzu dicken Stamm zu umgreifen und daran herunterzurutschen. Zu seiner Erleich­terung funktionierte das sogar ohne größere Zwischenfälle. Lediglich seine Hände waren danach ein wenig aufgekratzt und seine Jacke ein­deutig waschreif. Als er nach oben sah, musste er jedoch feststellen, dass Twila ihn breit grinsend beobachtete. Anscheinend fand sie seinen Abstieg so lustig, dass sie dabei sogar ihre trüben Gedanken vorerst vergessen zu haben schien.

Ohne einen Kommentar abzugeben, schwang sie ein Bein über den Ast und ließ sich an den Händen hängend herab. Sie pendelte kurz vor und zurück und sprang dann einfach ab. Direkt neben Chris landete sie, kippte dabei allerdings nach vorne über und musste sich mit den Hän­den abstützen. Noch während sie sich aufrichtete, erklärte sie ihm grin­send: „So geht’s schneller! Oder?“

Während Chris noch überlegte, ob er darauf antworten sollte, fuhr sie schon fort: „Und was sollte das eben eigentlich heißen? Willst du meine Intelligenz etwa mit der von diesem ‚Kleiderschrank‘, wie du ihn nennst, verglichen?“ Dabei hielt sie Chris grinsend ihre Faust unter die Nase, worauf ihr dieser die Zunge herausstreckte.

„Ich fand die Cheerleader-Truppe viel interessanter als die Football-Spieler.“ Als er das skeptische Gesicht seiner Freundin sah, erläuterte Chris ihr, was genau er meinte: „Hast du zum Beispiel gesehen, wie die Cheerleader-Männer die Cheerleader-Frauen mit einem Arm hoch­ge­stemmt haben, dass die praktisch auf ihrer Handfläche gesessen haben? Das geht auch nicht ohne Muskeln.“ Chris zögerte, weil Twila ihn abschätzend ansah. Deshalb fügte er noch schnell hinzu: „Und irgend­wie sah das auch verdammt cool aus.“

Twilas Reaktion war jedoch eine ganz andere, als Chris erwartet hatte. Nachdem sie ihn noch ein paar Sekunden abschätzend angesehen hatte, meinte sie: „Das schaffe ich auch, dich so hochzuheben.“

Chris war so überrascht, dass er einen Moment brauchte, bis er darauf etwas erwidern konnte. „Das klappt garantiert nicht. Wir wiegen unge­fähr gleichviel, die Frauen von denen waren aber viel kleiner und leich­ter als diese Cheerleader-Männer.“

„Wir können’s doch mal ausprobieren.“ Wenn Twila sich einmal etwas vorgenommen hatte, war sie nicht so leicht wieder davon abzubringen. Obwohl sie das nicht allzu begeisterte Gesicht ihres Freundes bemerkte, gab sie nicht auf. „Nun komm schon! Der Boden hier ist weich – und sehen kann uns auch niemand.“

Zumindest in diesen beiden Punkten konnte Chris nicht widersprechen. Was sollte es? Probieren konnten sie es ja mal. Also stimmte er einem Versuch zu.

Twila ging hinter ihm in die Hocke. „Wenn ich dich hochstemme, musst du das linke Bein steif halten. Da fasse ich dich mit meiner linken Hand am Knöchel an, um dich besser balancieren zu können. Ich glaube, das haben die auch gemacht. Das rechte Bein musst du dann etwas an­winkeln, damit du richtig auf meiner rechten Hand sitzt. Alles klar?“

Auch wenn Chris erhebliche Zweifel hatte, dass das so einfach klappen würde, erklärte er sich einverstanden. Twila zögerte nicht lange. Zu Chris’ Erstaunen schaffte sie es tatsächlich, ihn vom Boden anzuheben. Bevor er jedoch darüber nachdenken konnte, ob das Mädchen ihn wohl wirklich bis über den Kopf stemmen könnte, merkte er, wie er das Gleichgewicht verlor. Statt sich weiter vom Boden zu entfernen, kam dieser plötzlich schnell wieder näher. Ehe er es sich versah, lag Chris bäuchlings auf dem feuchten Boden.

Als er sich, nachdem er festgestellt hatte, dass ihm nichts passiert war, umdrehte, sah er, dass Twila direkt neben seinen Füßen lag. Beinahe hätte er sie beim Umdrehen getreten. Wie sie sich gerade ein paar feuchte Blätter aus dem Gesicht wischte, sah so komisch aus, dass Chris laut lachen musste. Sekunden später stimmte das Mädchen mit ein. „Irgend­wie hat das bei den Cheerleadern anders ausgesehen“, presste Chris mühsam während des Lachens heraus.

Nachdem sich ihr gemeinsamer Lachkrampf gelegt hatte und beide wieder aufrecht standen, erklärte er, dass er das jetzt auch mal ver­suchen wollte. Twila erklärte sich sofort dazu bereit. Als Chris hinter dem Mädchen in die Hocke ging, atmete er tief durch. Hoffentlich be­kam er Twila einarmig überhaupt hoch. Wenn nicht, würde er sich gleich völlig blamieren, denn sie hatte ihn unzweifelhaft vom Boden anheben können. Auch er hielt sie mit seiner linken Hand am Knöchel, während er mit der rechten Hand ihren Hintern mit aller Kraft nach oben drückte. Überrascht stellte er fest, dass das erheblich leichter ging, als er vermutet hatte. Erst als er sich selbst mitsamt des Mädchens auf seiner Hand aufrichten wollte, wurde es richtig kraftaufwändig. Beim Versuch, seinen Oberkörper mit der Kraft seiner Beine nach oben zu pressen, konnte er den Arm mit Twila darauf nicht mehr gerade halten. Sekunden später kippte diese seitwärts weg und flog – wie er selbst vor wenigen Minuten – in einem flachen Bogen in den Dreck. Erst als er mitgerissen wurde, wurde Chris bewusst, dass er ihren Knöchel noch festhielt.

Immer wieder von ihrem eigenen Gelächter unterbrochen versuchten es beide noch mehrmals, wobei das Ergebnis immer ähnlich ausfiel. Sie schaff­ten es einfach nicht, das Gewicht des jeweils anderen in der Balance zu halten. Von Kopf bis Fuß mit Matsch und feuchtem Laub bedeckt, machten sie sich schließlich auf den Rückweg ins Schloss, um sich erst mal zu duschen und umzuziehen. So ausgelassen, wie in der ver­gan­genen Stunde, hatten sie schon lange nicht mehr gelacht.

* * *

Sonntag, 19.12.

In bester Laune kamen Twila und Chris wieder zum Schloss zurück. Das Mädchen steuerte nicht den Haupteingang, sondern eine kleine Tür, die direkt in den Küchenbereich führte, an. Auf ihr Klopfen öffnete ein Mann, der seiner Kleidung nach wohl ein Koch war – so genau kannte Chris das Personal der Underhills noch nicht. Verwundert musterte der Mann die beiden Ankömmlinge von Kopf bis Fuß, ließ sie aber ein, da er Twi­la offensichtlich kannte. Mit einer Handgeste wies er allerdings unmiss­verständlich zur Treppe. In die Küche wollte er die beiden Kin­der in ihrem Zustand offensichtlich nicht lassen. Das hatten sie aber auch nicht vor, denn ihnen war vollkommen klar, dass sie beide drin­gend eine Dusche benötigten. Als sie – von Twila geführt – das Haupt­treppen­haus erreichten, sah Chris sich und das Mädchen unerwartet in einem der mannshohen Spiegel, die sich hier auf jedem Treppenabsatz befan­den. Erst bei dem Anblick wurde ihm so richtig klar, wie ver­dreckt sie aussahen. Kein Wunder, dass der Koch sie so angesehen hatte! Der hätte ja direkt denken können, sie kämen geradewegs von einem Schlamm-Catch-Kampf, dessen Hauptakteure sie gewesen waren.

Als sie gerade in den Flur einbogen, an dem sich ihre beiden Zimmer befan­den, hörten sie hinter sich ein Räuspern.

„Wie seht ihr denn aus!?“, wollte Twilas Opa von ihnen wissen. „Mr Macey hat mich gerade informiert, dass ihr etwas beschmutzt zurück­ge­kommen wärt. Allerdings dürfte ‚etwas beschmutzt‘ die Unter­trei­bung des Jahres sein. Was habt ihr denn angestellt? Ich könnte ja fast denken, ihr hättet euch geprügelt, aber dazu seht ihr zu gutgelaunt aus.“

Da Chris aus dem Augenwinkel bemerkte, wie Twilas gute Laune ge­rade dabei war, sich zu verabschieden, übernahm er die Antwort. „Wir haben nur etwas ausprobiert. Das hat nur nicht ganz so geklappt, wie wir eigentlich wollten, Sir.“ Er fand, dass etwas zusätzliche Höflichkeit im Moment nicht schaden könnte.

Paul Underhill musterte besonders seine Enkelin von Kopf bis Fuß. Bevor er jedoch etwas hinzufügen konnte, ging diese zu einem ver­ba­len Angriff über.

„Ich weiß, dass du es lieber hättest, wenn ich in einem rosa Spitzenkleid ’rumlaufen würde. Aber so bin ich nun mal nicht! Ich würde lieber den ganzen Tag so, wie ich gerade bin, durch die Gegend laufen, als 5 Mi­nuten in so einem Prinzesschen-Kleid. Übrigens habe ich gehört, wie du gestern Abend mit Dad über meine Erziehung gestritten hast.“

Ihr Opa holte tief Luft, doch dann schüttelte er den Kopf. „Weißt du, Twila, ich bin doch nicht blind. Dass du die Abenteuerlust deines Vaters geerbt hast, habe ich doch schon lange bemerkt. Genau wie ich auch weiß, dass du dich schon immer eher für typische Jungen-Hobbies inte­ressiert hast. Wer hat dir denn vor ein paar Jahren den großen Stabil­baukasten geschenkt?“

Nach kurzem Zögern kam von dem Mädchen ein allerdings etwas miss­trauisch klingendes: „Du.“

„Genau! Ich weiß doch genau, dass du dich so wohlfühlst, wie du bist. Das will ich auch überhaupt nicht ändern. Ich habe aber auch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich finde, dass du dich bei ent­sprech­en­den Anlässen auch mal etwas eleganter anziehen solltest. Damit meine ich doch nicht den Alltag! Nur bei Feierlichkeiten und so könntest du dich ruhig mal überwinden.“

Chris kam sich im Moment etwas fehl am Platze vor. Anscheinend hat­ten Opa und Enkelin komplett vergessen, dass er auch noch da war und alles mit anhörte. Ob er einfach weitergehen sollte? Allerdings könnte Twila ihn dann auch für feig halten. Bevor er sich zu einer Entschei­dung durchgerungen hatte, sprach Mr Underhill jedoch schon weiter, da Twila beharrlich schwieg.

„Und was mein Gespräch mit Tom betrifft: Wenn du schon heimlich zu­hörst, solltest du wenigstens genau hinhören, worum es geht. Es ging nämlich weder um deine Kleidung noch um dein Verhalten. Ich habe deinem Vater nur erklärt, dass ich es für unverantwortlich halte, wenn er mit euch beiden bis mitten in der Nacht in dieser Werkstatt bleibt. Das war nämlich nicht gestern Abend, sondern schon nach Mitternacht. Dazu seid ihr noch zu jung! Darum ging unsere Diskussion. Was meinst du wohl, würden Chris’ Eltern sagen, wenn sie wüssten, dass dein Vater mit ihm die halbe Nacht durch die Gegend zieht?“

Also war sich Twilas Großvater seiner Anwesenheit doch noch be­wusst. Allerdings musste sich Chris insgeheim eingestehen, dass der Mann mit seiner Vermutung wohl nicht ganz falsch lag. Daheim in Hongkong durfte er höchstens zu den Neujahrsfeiern mal bis Mitter­nacht auf­bleiben. Selbst in den Ferien mussten er und seine Ge­schwis­ter – von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen – immer viel früher ins Bett.

Twila sah ihren Großvater misstrauisch an, fast so, als würde sie er­warten, ihm irgendwie eine Lüge ansehen zu können. Nach einigen Se­kunden der Stille fragte sie dann: „Und du bist wirklich damit ein­ver­standen, dass ich so bin, wie ich bin? Du und Oma wollt nicht ver­su­chen, mich zu so einem ‚Standardmädchen‘ umzuerziehen?“

„Nein, wir wollen dich nicht ‚umerziehen‘, wie du das nennst.“ Nach einer kurzen Pause fuhr der Opa fort: „Weißt du, deine Mutter hat da­mals auch meistens ihren Kopf durchgesetzt. Das hat mir und Oma Abigail auch nicht immer gefallen, aber wir haben es als ihren Weg akzeptiert.“

Man konnte Twila deutlich ansehen, wie sie nachdachte. Lange sagte sie kein Wort.

„Aber jetzt erst mal in die Bäder mit euch!“, unterbrach ihr Großvater schließlich die Ruhe, „Wenn der Schlamm an euch trocknet, muss ich am Ende noch einen Bildhauer zu Hilfe rufen, um euch da wieder ’raus zu meißeln. Über alles andere können wir uns später unterhalten.“

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https://rezicenter.blog/2020/07/19/lord-breakinghams-geheimnis-ein-internatsroman/
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https://lordbreakingham.wordpress.com/

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